Horst Ragusch, Nachtwächter in Klagenfurt und letzter Türmer Österreichs, nahm die Teilnehmerinnen und Teilnehmer seiner Benefizführung zugunsten von Menschen in Not auf eine Reise in das mittelalterliche Klagenfurt mit und erzählte humorvoll, lebhaft und zugleich kritisch die Geschichte der Armen und Reichen. Tim, ein junger Obdachloser, und Caritasdirektor Ernst Sandriesser spannten den Bogen zu unserer Arbeit.
Er erschien in einer braunen, weiten Kutte mit einem ausladenden Hut; in der einen Hand eine alte Landsknecht-Waffe, die Hellebarde, und in der anderen eine Laterne mit Kerzenlicht: Noch bevor Horst Ragusch am lauen Freitagabend vor Pfingsten (26. Juni 2023) mit den Gästen zu seiner Nachtwächterführung durch die Altstadt von Klagenfurt aufbrach, teilte er selbstgebackenes Brot mit ihnen. Und das Flüchtlingskind – der Vater ein Kroate und Ustascha – erzählte vor Lindwurm und Herkules am Neuen Platz, warum es sich zu dieser Benefizaktion entschieden hat, die von Geschäftsführer Helmuth Micheler vom Tourismusverband Klagenfurt als Teil gelebter sozialer Verantwortung und Nachhaltigkeit gesehen wird: „Ich war ein verwöhnter Bub und 17 Jahre alt, als meine Familie mit einem Gasthaus in Klagenfurt pleitegegangen ist und meine Eltern aufs Existenzminimum gepfändet wurden. Ich konnte nur mit Stipendium studieren. Auf einmal grüßte keine*r mehr. Da habe ich gesehen, was Armut macht.“ Da habe er, Ragusch, aber auch Caritas, also (Nächsten-)Liebe, erlebt und erfahren, „wie Menschen mit Herz reagieren, denen Status und Besitz egal sind, wie mein Freund Klaus, der mir in der zweiten Lebensphase, als ich eine Zeitlang Mindestsicherung gebraucht und mich deshalb sehr geschämt habe, Holz im Winter geschenkt hat“. – Mit einem Lächeln und der Bemerkung: „Gib beim Eishockey a bisserl Gas!“ Spätestens da war den Teilnehmer*innen der Führung klar, dass der Abend abseits historischer Fakten auch locker und vergnüglich sein werde. Sie sollten sich nicht irren.