"Existierte das Haus Antonius nicht, man müsste es erfinden"

Seit 120 Jahren gibt es dank Bonifatiusverein der Diözese Gurk eine Kinderbetreuung in Treffen – das heutige sozialpädagogische „Haus Antonius“. Bischof Josef Marketz, Bürgermeister Klaus Glanznig und unser Direktor Ernst Sandriesser blickten beim Fest am 10. Juni mit vielen Gästen auf die abwechslungsreiche Geschichte der Einrichtung, die samt Kindergarten und Kindertagesstätte mittlerweile zu uns gehört.

„Ich liebe das Leben, und das Leben liebt dich“: Schwungvoll, mitreißend und mit dem Lied einer Abordnung von Kindergartenkindern und den Teams von Kindergarten und Kindertagesstätte begann das Jubiläumsfest am 10. Juni 2023 in Treffen. Sylvia Tarmann als Leiterin des „Haus Antonius“ begrüßte die Kinder und Jugendlichen der Einrichtungen, deren Eltern, Angehörige, Freund*innen, Ehrengäste und Mitarbeiter*innen, die zuvor schon die Schüler*innen unserer Caritas-HLW mit Aperitifs willkommen geheißen hatten. Tarmann erzählte, dass die Mitarbeitenden im Miteinander mit den Kindern und Jugendlichen und „mit viel Herzblut das Fest mit Ausstellungen zur Zeitgeschichte, einer Kunstgalerie mit Basteltisch, Spiel- und Spaß-Stationen für die Jungen und einer Führung durch das Haus Antonius vorbereitet“ hätten. Sie dankte dem Bonifatiusverein der Diözese Gurk, der vor gut 120 Jahren den Grundstein für das „St. Antonius Waisenhaus“ gelegt hat. „Mehrere tausend Kinder wurden seither an diesem Standort begleitet und betreut. Trotz auch der Zeit geschuldeter notwendiger Veränderungen in der Betreuung von Waisenkind, Schulinternat, Ferienbetreuung, Kindergarten- und Tagesstättenkind bis zur heutigen konzeptionellen sozialpädagogischen Bereuung hat sich viel getan“, so Tarmann. Sie dankte zudem der Caritas, die „mit uns in unserem Leitbild nach Caritas-Patron Vinzenz von Paul in der Betreuung von Kindern und Jugendlichen die Beziehung, Offenheit, Achtung und Hochschätzung eines jeden Menschen postuliert“.

Drei Einrichtungen im Zeichen der Kinder

Im Haus Antonius, dem Kindergarten und der Kindertagesstätte Treffen werden Kinder und Jugendliche vom 1. bis zum 19. Lebensjahr betreut. Elisabeth Wandaller, Leiterin von Kindergarten und Kindertagesstätte, dankte im Namen ihres Teams Bonifatiusverein und uns: „Mit Ihrer Unterstützung und Begleitung konnten sich alle Betriebe qualitätsvoll weiterentwickeln. Ebenso gelungen ist die jahrelange Kooperation im Bereich Kindergarten und Kindertagesstätte durch das Kindergartenkuratorium mit der Gemeinde Treffen.“ Für Wandaller bringt Neurobiologe Gerald Hüther die Gemeinsamkeit von „Haus Antonius“, Kindergarten und Kindertagesstätte treffend auf den Punkt, wenn er sagt: „So wie du bist, bist du richtig. Ich wünsche mir nichts mehr, als dass du die Gelegenheit bekommst, dass all die verborgenen Talente und Fähigkeiten, die in dir stecken, zur Entfaltung kommen können.“

Am Anfang war ein Waisenhaus

Unser Direktor Ernst Sandriesser blickte in den Rückspiegel: Der Bonifatiusverein sei unter Bischof Joseph Kahn ins Leben gerufen worden.1902 habe er beschlossen, hier, in Treffen eine Waisenanstalt zu errichten. Von Johann Zernatto senior sei dafür die vulgo Neuwirth-Keusche vorläufig für drei Jahre gemietet worden. Mit zehn Kindern hätte der Betrieb begonnen. 1932 hätten hier bereits 1.500 Kinder Aufnahme gefunden und 500 Kinder die hier ansässige katholische Privatschule besucht. Seit 1984 gebe es eine enge Verbindung zum Caritasverband. Seither sei der jeweilige Caritasdirektor Präsident des Vereines gewesen.

Vom Schlafsaal mit 18 Betten zu Ein- und Zweitbettzimmern

Sandriesser plauderte mit Cornelia „Conny“ Pacher, die 1971 im Alter von sechs Jahren in das Haus kam, das damals als „Antoniuskinderheim“ Kindern, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht in der Herkunftsfamilie bleiben konnten, ein Zuhause war. „Wir waren rund 100 Kinder im Haus. 20 bis 25 Kinder wurden in einer Gruppe von einer Ordensschwester Tag und Nacht betreut. Heute sind neun Kinder mit sechs bis acht Sozialpädagog*innen in einer Gruppe. Gab es damals Schlafsäle mit 18 Betten, so haben die Kinder heute mit Ein- und Zweibettzimmern gute Möglichkeiten, sich zurückzuziehen, wenn sie es wollen“, erzählte Pacher. Die Schwestern hätten sie zu einem wertschätzenden, genügsamen Menschen erzogen. Das Leben im Heim und die Sommer am Millstätter See seien einfach, aber wunderschön gewesen. Pacher arbeitet mittlerweile seit 36 Jahren in der Einrichtung und leitet heute als Sozialpädagogin die Wohngruppe „Kunterbunt“.

Neues Konzept & Dank an Mitarbeitende

Sandriesser berichtete, dass die Barmherzigen Schwestern von Zams im Jahr 2000 das Haus verlassen hätten müssen, ein neues pädagogisches Konzept mit verkleinerten Gruppen entstand. Seit 2015 heißt die Einrichtung „Haus Antonius“. Der Caritasdirektor dankte allen Mitarbeiter*innen mit Leiterin Tarmann und dem ehemaligen langjährigen Leiter Robert Kowatsch sowie den Mitarbeiter*innen der zuständigen Abteilungen in der Landesregierung für Einsatz und Engagement zum Wohl der Kinder und Jugendlichen. „Es gilt, in die Zukunft zu schauen und darauf zu achten, was die Kinder heute brauchen.“

Berührendes Lied

Aropos Kinder. Lea und Isabella berührten mit dem selbstgetexteten kurzen Song die Gäste: „Egal, wo wir hingehen, ihr seid da. Egal, ob wir uns wehtun, ihr seid da. Egal, ob wir schreien, ihr seid da. Oh, oh, ihr seid da!“ Landtagsabgeordneter Christof Seymann fühlte sich nicht nur von dem Lied, sondern auch von der Ausstellung angesprochen, die zeige, dass vor über 100 Jahre das Gegendtal im Gegensatz zu heute eine arme Gegend gewesen sei und es eine Notwendigkeit für die Institutionen „gerade hier“ in Treffen gegeben habe. „Wenngleich das Gegendtal heute gut entwickelt ist, ist es unsere Aufgabe, genau hinzusehen, wo es Erfordernisse gibt, soziale Institutionen aufrechtzuerhalten und zu stärken“, sagte Seymann.

Vielfältige Unterstützung

Bürgermeister Klaus Glanznig erzählte voll Dankbarkeit und herzlich-leidenschaftlich, was ihm mit dem „Haus Antonius“ verbindet: „Ich habe mit meinem Zwillingsbruder im Haus öfters essen dürfen, weil es bei uns nicht so im Überfluss gegeben hat. Ich kann mich gut erinnern, wie uns unsere Mutter im Winter mit dem Schlitten zum Haus Antonius gezogen und uns die Schwester Johanna ins Haus getragen hat, wenn wir zum Gehen zu faul waren.“ Glanznig erinnerte an die alten Zeiten, an Heimleiterin Schwester Domenika Moosbrugger und berichtete von schönen Erlebnissen: „Ich möchte keine Stunde missen!“ Ich bin stolz auf das Haus Antonius. Würde es diese Einrichtung nicht geben, man müsste sie erfinden.“  Der Bürgermeister würdigte aber auch „die Unterstützung mit Kindergarten und dem Dream-Team um Frau Wandaller und Sylvia Tarmann in vielfältigen Bereichen“.

Lob und kritische Gedanken des Bischofs

Wertschätzung gab es auch von Bischof Josef Marketz. Er selbst sei – damals noch als Caritasdirektor und in der Funktion des Präsidenten des Bonifatiusvereines der Diözese Gurk – „immer gern in das Haus Antonius gekommen. Unsere gemeinsame heilige Messe vor Weihnachten war etwas ganz Besonderes. Sie und ihr geht mir ab“, so Marketz zu den Mitarbeitenden und Kindern. Trotz Feiertages wolle er aber auch erwähnen, dass „nicht immer alles gut war“. So hätte man 1910 das Haus Antonius, das immer im Eigentum der Diözese gewesen sei und für das man in ganz Kärnten an einem besonderen Sonntag gesammelt habe, an einen Priester übergeben. „Alle Pfarren und auch Pfarrer haben von ihrem Vermögen dazugegeben. Monsignore Kaiser aber, der sich kümmern hätte sollen, dass alles in Ordnung ist, hat noch andere Heime gekauft und die Diözese fast in den Ruin getrieben.“ Um das Jahr 2000 habe man dann feststellen müssen, dass drei Ordensschwestern für so viele Kinder nicht mehr verantwortlich sein könnten. Damals habe Caritasdirektor Dr. Viktor Omelko als Präsident des Bonifatiusvereines „mit dem Land gut eingegriffen und dann ist es mit einem Aufschwung weitergegangen, sodass wir heute sehr stolz auf das Haus und die gut ausgebildeten Mitarbeiter*innen sein können“, so Marketz.

Der Grund für die Übergabe an die Caritas

Der Bischof segnete „Haus Antonius“, Kindergarten und Kindertagesstätte und begründete die Übergabe derselben an die Caritas so: „Sie hat in den letzten Jahren die Arbeit gemacht. Wer die Arbeit macht, dem sollen auch die Häuser mit allem Drumherum gehören.“

Marketz dankte mit Caritasdirektor Sandriesser Elisabeth Wandaller für ihr 42 Jahre langes Wirken zum Wohle der Kinder. Die Leiterin von Kindergarten und Kindertagesstätte geht im Herbst in Pension und übergibt dann die Leitung an ihre bisherige Stellvertreterin Marlene Maier.

„Wir sind eine Familie“

Das Jubiläum mitgefeiert haben Seelsorgeamtsdirektorin Elisabeth Schneider-Brandauer, Christine Gaschler-Andreasch, Gerhild Hubmann, Claudia Arztmann von den zuständigen Abteilungen der Landesregierung, Pfarrer Sven Wege, Amtsleiterin Daniela Majoran, die Schulleiter Gerald Wosatka (VS Treffen) und Andreas Rauchenberger (Mittelschule Gegendtal), Altbürgermeister Karl Wuggenig, Gemeindevorstand Bertram Mayrbrugger, Feuerwehrkommandant Daniel Frank, Caritas HLW-Direktorin Tanja Perchtold und die Mitglieder des Kindergartenkuratoriums Ingrid Hildebrandt, Dorelies Rapotz-Mölzer und Christine Kügerl. Die Geburtstagsfeier endete wie sie begann – mit einem aus vollen Kehlen gesungenen Lied. Ins „Wir sind eine Familie“ stimmten viele Festgäste mit ein.