Nachhaltig und sozial zurück in den ersten Arbeitsmarkt

Seit 14 Jahren bringt der „welt.garten“ beim Kloster Wernberg langzeitarbeitslose Menschen in Beschäftigung. Frauen und Männer, die gerne arbeiten möchten, denen der Zugang zum Arbeitsmarkt aber durch verschiedenste Umstände nicht möglich ist, blühen bei der Bewirtschaftung eines Gemüse-, Kräuter- und Obstgartens sowie der Veredelung und des Verkaufes der Bio-Produkte auf.

Dabei handelt es sich über unser von der Katholischen Aktion übernommenes Projekt, das sie in Kooperation mit dem Kloster Wernberg und dem Verein „Klosterschatz“ betreibt. Es wird vom Land Kärnten und vom Arbeitsmarktservice Kärnten gefördert. Unser Direktor Ernst Sandriesser dankt Land, AMS und allen Partner*innen für die gelungene Kooperation und fordert umfassende und auf die Zielgruppen angepasste Maßnahmen und Modelle, damit langzeitbeschäftigungslose Menschen den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt schaffen können.

Frau W. erntet im „welt.garten“ beim Kloster Wernberg mit einem Lachen im Gesicht leuchtendrote, große Tomaten, die sie selbst angesät und denen sie während des Mulchens beim Wachsen und Werden zugesehen hat. Später wird die gelernte Konditorin die vitaminreichen Früchte neben anderem frischen Gemüse am Stand vor dem Klosterladen verkaufen. Die dreifache, alleinerziehende Mutter Anfang 30 arbeitet, wie sie sagt, gerne hier. „Mittlerweile bin ich geerdet und wieder selbstbewusst, mir geht es gut. Die körperliche Belastung ist nicht immer einfach, das Arbeiten mit der Hand und in frischer Luft dafür schön“, erzählt Frau W. Sie war fast fünf Jahre lang daheim, als ihr das AMS die Teilnahme an diesem Projekt empfahl, das langzeitbeschäftigungslose Menschen mit Qualifizierung und Begleitung zurück in den ersten Arbeitsmarkt bringen soll. „Ich habe Traumatisierendes erlebt. In meinen früheren Beruf konnte ich nicht mehr, weil ich es in geschlossenen Räumen kaum mehr aushalte und sich die Arbeitszeiten mit der Betreuung meiner Kinder nicht vereinbaren ließen. Es war schwer, einen passenden Job zu finden.“ Jetzt, nach ein paar Monaten Projektteilnahme, hat Frau W. sogar einen fix in der Tasche. „Ich bin so glücklich, dass ich es wieder ins Berufsleben geschafft habe.“

Stärkung auf beruflichem Weg

Caritasdirektor Ernst Sandriesser ist die Nachhaltigkeit ein Herzensanliegen. Auch deshalb hält er Projekte wie den „welt.garten“ für ein Gebot der Stunde. „Mit dem lokalen und regionalen Anbau von Nahrungsmitteln und der Versorgung vieler Menschen mit Produkten in Bioqualität gelingt es uns, einen Beitrag zur ökologischen Nachhaltigkeit zu leisten. Indem wir den Beschäftigten im welt.garten wieder Arbeit sowie ein Umfeld geben, das sie auf die nicht zuletzt wegen Beschleunigung und Digitalisierung immer komplexer und herausfordernder werdenden Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt vorbereitet, sind wir auch sozial nachhaltig“, so Sandriesser. Das Projekt ist für ihn auch ein gelungenes Beispiel dafür, dass „langzeitbeschäftigungslose Menschen im Falle eines passenden Arbeitsumfeldes und einer Stärkung mittels Gruppenarbeit, Schärfung wie Gewinnung von Kompetenzen und Reflexion auf ihrem beruflichen Weg den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt meistern können“.

Die Katholische Aktion (KA) hat den „welt.garten“ 2010 ins Leben gerufen, „um langzeitarbeitslosen Menschen mit diesem gemeinnützigen Beschäftigungsprojekt eine Perspektive zu schenken“, wie Leo Kudlička von der KA sagt. Sie hat das Projekt heuer an uns „im Sinne noch vernetzterer Arbeit und in Erwartung wertvoller Synergien hinsichtlich ihres magdas LOKAL in Klagenfurt und den Erfahrungen aus den weiteren bei der Caritas angesiedelten Beschäftigungsprojekten und Betrieben“ übergeben. 

Alles Handarbeit und bio 

Zurzeit bewirtschaften sieben langzeiterwerbsarbeitslose Frauen und Männer in Voll- bzw. Teilzeit aus dem Großraum Villach den „welt.garten“, einen Gemüse-, Kräuter- und Obstgarten auf den Gründen des Klosters. Sie verarbeiten, veredeln, vermarkten und verkaufen mit fachlicher und sozialpädagogischer Begleitung die Produkte – allesamt in Bioqualität. Die im „welt.garten“ Beschäftigten säen, jäten, mähen. Sie pflücken Blumen & Kräuter für den Tee und das weitum bekannte Kräutersalz; stellen nach alten Rezepturen von Kräuterexpertin Schwester Hedwig Tee, Öle, Elixiere und Naturkosmetika her und finden dafür in Gastronomie, Handel und Klosterladen begeisterte Abnehmer*innen. Von der Aussaat bis zum Endprodukt ist alles Handarbeit.

Arbeitsmarkt- und Sozialreferentin Schaunig: „Hürden und Vorurteile abbauen“

Von Land Kärnten und AMS Kärnten werden pro Jahr (Saison von März bis November) fünf Vollzeitstellen gefördert. Die Kosten des Beschäftigungsprojektes belaufen sich heuer auf 193.000 Euro, wobei rund 172.000 als Fördersumme zur Verfügung gestellt und rund 21.000 Euro selbst erwirtschaftet werden. Für LHStv.in Gaby Schaunig, Arbeitsmarkt- und Sozialreferentin, ist die Unterstützung des „welt.garten“ eine Notwendigkeit, denn: „Leider bekommen nicht alle Menschen dieselben Chancen am Arbeitsmarkt und viele sehen sich mit Vorbehalten konfrontiert. Umso wichtiger sind arbeitsmarkpolitische Maßnahmen wie der ‚welt.garten‘, die Menschen Perspektiven geben und Selbstvertrauen schenken.“ Projekte wie dieses seien notwendig, um langfristig (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Schaunig, weiter: „Wir brauchen schon jetzt jede Arbeitskraft, um die Herausforderungen der nächsten Jahre bewältigen zu können. Arbeitsmarktprojekte können dabei aber sicherlich nur eine Säule sein, darüber hinaus muss es gelingen, Hürden und Vorurteile abzubauen. Dieser Schritt kann nur gemeinsam gelingen – Bund, Wirtschaft, Länder und AMS sind gefordert, noch enger zusammenzuarbeiten. Mit den Kärntner Projekten zeigen wir eindrucksvoll, wie das gelingen kann.“

AMS-Chef Wedenig: „breites Auffangnetz am zweiten Arbeitsmarkt“

Zur Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit in Kärnten sagt Peter Wedenig, Leiter des AMS Kärnten: „Vor Corona lag der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen in Kärnten relativ konstant zwischen 16 und 17 Prozent. Die Pandemie hat diesen Anteil kräftig steigen lassen auf 24 Prozent im Jahresdurchschnitt 2021. Seither ist es gelungen, die Zahl der Langzeitarbeitslosen wieder stark abzubauen.“ Wedenig, weiter: „Wir können in unserem Bundesland auf ein breites Auffangnetz am zweiten Arbeitsmarkt bauen, mit vielfältigen Projekten, die den spezifischen Anforderungen Langzeitarbeitsloser gerecht werden. Der ,welt.garten´ ist hier ein wertvoller und wichtiger Baustein.“ Auch aktuell, bei einer guten Arbeitsmarktlage und bei einem Arbeitskräftemangel, brauche es dieses Netzwerk mit starken Partner*innen, gemeinsamen Initiativen und entsprechenden finanziellen Mitteln, um Langzeitarbeitslosigkeit nachhaltig zu bekämpfen und die Projektteilnehmenden wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, so der AMS-Leiter.

Gute Vermittlungsquote

Der „welt.garten“ ist ein Kooperationsprojekt mit dem Kloster Wernberg und dem Verein „Klosterschatz“, der die Produkte vertreibt. In Summe hätten bis zum Jahr 2022 rund 100 Mitarbeitende im „welt.garten“ gewerkt und 30 bis 40 davon auf dem ersten Arbeitsmarkt wieder Fuß fassen können. „Das ist ein schöner Erfolg“, sagt Projektinitiator und „Klosterschatz“-Obmann Winfried Süßenbacher. Als das Projekt seinerzeit an das Kloster herangetragen worden sei, habe man sich schnell dafür begeistern können, sagt Hausoberin Sr. Maria Luise Wagner, denn die „Arbeit ging den Schwestern zunehmend schwerer von der Hand“. Das Kloster selbst habe im Laufe der Jahre zwei Frauen aus dem Projekt – „sehr gute, hilfreiche Arbeitskräfte“ – angestellt. Die Restaurantküche des Klosters nutzt die Produkte aus dem Garten und im Klosterladen werden sie verkauft. 

Nicht nur Gemüse & Kräuter wachsen im welt.garten

„Menschen möchten arbeiten, können aber nicht“

Obwohl die Wirtschaft händeringend Arbeitskräfte sucht, sind nach wie vor beinahe doppelt so viele Menschen von Langzeitbeschäftigungslosigkeit betroffen als noch vor zehn Jahren. Die verbreitete Meinung, dass alle Menschen Arbeit finden könnten, indem sie nur wollen müssen, sei falsch, so Caritasdirektor Sandriesser. Das weiß auch Christina Staubmann unsere Bereichsleiterin für Beschäftigung und Betriebe. „In unserer täglichen Arbeit mit Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, bemerken wir, dass sie arbeiten möchten, aber durch verschiedenste Umstände wenig Möglichkeiten haben; etwa, weil sie den Anforderungen des Arbeitsmarkts hinsichtlich Qualifikationen nicht genügen oder weil sie die für unsere Gesellschaft so wichtige Care-Arbeit wie Betreuung der Kinder oder älteren Angehörigen übernehmen und damit nicht ausreichend flexibel sind. Außerdem erleben wir Menschen, die aufgrund körperlicher und/oder psychischer Erkrankungen die geforderte Leistung nicht zur Gänze erbringen können oder sich Arbeit im derzeitigen Arbeitsumfeld einfach nicht mehr zutrauen.“

Arbeitslosengeld auf armutsfestes Niveau anheben

Sandriesser und Staubmann fordern statt Diskussionen über Sanktionen für beschäftigungslose Menschen die Anhebung des Arbeitslosengeldes auf ein armutsfestes Niveau und gemäß dem Caritas-Prinzip „Wir lassen niemanden zurück“ dauerhafte und langfristige arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, um Menschen, die es auch in positiven Arbeitsmarktphasen bei der Jobfindung besonders schwer haben, zu helfen. Staubmann: „Beschäftigung ist nicht nur der beste Schutz vor Armut, sondern hat auch eine wichtige identitätsstiftende Wirkung. Wir wollen Menschen am Rande der Erwerbsgesellschaft wieder erreichen und sie zur Teilhabe am Arbeitsprozess ermutigen.“