Bildung als Schlüssel zur Zukunft: Ernst Sandriesser besucht eine Schule in Kenia, in der Kinder trotz schwieriger Umstände lernen und lachen können.

„Und dann sterben die Kinder“: Wie die Klimakrise in Kenia Leben zerstört

Unser Direktor Ernst Sandriesser berichtet eindrucksvoll von seiner Reise nach Kenia – einem Land, das aufgrund der Klimakrise dramatisch leidet. Er spricht über die bitterbösen Folgen der Einstellung der US-amerikanischen humanitären Hilfe, über verzweifelte Menschen, Bildung als Hoffnungsschimmer in den Slums von Nairobi und ein einzigartiges Reha-Zentrum, das Wunder möglich macht. In einer Welt, in der Hilfe zurückgeht, sind wir – die Caritas – oft die letzte Hoffnung. Dieses Interview ist ein eindringlicher Appell an unsere Menschlichkeit und gleichzeitig die Bitte um Unterstützung. 
Die Menschen in Kenia leiden unter der Klimakrise und an Hunger. Wie dramatisch schätzen Sie nach Ihrem Lokalaugenschein die aktuelle Situation in diesem unseren Projektland ein? 

Caritasdirektor Ernst Sandriesser: Wir in Europa haben keine Vorstellung davon, was der von uns verursachte Klimawandel in Kenia anrichtet. Zuerst vertrocknen die Brunnen, dann das Gras, dann verdursten die Ziegen, dann die Kamele und dann sterben die Kinder! Es trifft in Kenia, wie in vielen anderen Ländern im globalen Süden vor allem jene Menschen, die sowieso zu wenig zum Leben haben und von der eigenen Landwirtschaft und damit von der Klimakrise abhängig sind.

Wie und wo helfen wir konkret?

Ernst Sandriesser: Wir helfen immer in jenen Regionen, in denen sonst niemand oder kaum jemand hilft. Am 2. Februar dieses Jahres hat Donald Trump angekündigt, die US-amerikanische humanitäre Hilfe und die Entwicklungszusammenarbeit komplett einzustellen. Einen Monat später habe ich mit eigenen Augen gesehen, welche verheerenden Auswirkungen dies in Kenia hat: Unsere Partner von PACIDA mussten auf einen Schlag 20 hochqualifizierte einheimische Mitarbeiter*innen kündigen, und mit ihnen kamen wertvolle Landwirtschafts- und Bildungsprojekte und damit wichtige (Überlebens-)Hilfe für die betroffene Bevölkerung abhanden. „Ihr von der Caritas seid die einzigen, die geblieben sind“, habe ich oft gehört.

Der Stopp der amerikanischen humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit wird zwischen zwei und vier Millionen mehr Tote am afrikanischen Kontinent nach sich ziehen. Das ist furchtbar, ja, unfassbar. Deshalb dürfen wir jetzt mit unserer Hilfe nicht nachlassen.

Ernst Sandriesser,
Caritasdirektor

Welche Projekte haben Sie besucht? 
Ernst Sandriesser: Nairobi hat die größten Slums in Afrika mit insgesamt rund zwei Millionen Bewohner*innen. Seit der unvergessene Peter Quendler damit angefangen hat, bauen wir mit den franziskanischen Missionsschwestern am Schulsystem im Slum Kariobangi, denn mit Schulbildung entkommt man am ehesten dem Elend. Die Schwestern und die Lehrer*innen arbeiten großartig. Mit sehr wenig Geld bieten wir jedes Jahr hunderten Kindern eine echte Perspektive. Mittlerweile kommen ehemalige Schüler*innen zurück und unterrichten als Lehrer*innen an den Schulen.

Von der Caritas weiß man, dass sie gerne dorthin geht, wo sonst niemand hingeht. Wohin hat Sie Ihre Reise noch geführt? 
Ernst Sandriesser: Ich war in Ol´Kalou, wo wir ein orthopädisches Reha-Zentrum für Kinder mit am Leben erhalten, das es in dieser Form nur ein einziges Mal in ganz Kenia gibt. Kinder mit schweren Knochenerkrankungen, Fußfehlstellungen und Amputationen werden hier von den „Kleinen Schwestern vom Heiligen Josef“, einem Missionsorden aus Verona, versorgt. Sie können während ihrer Reha, die bis zu zwei Jahre dauert, zur Schule gehen. Ich werde den Jungen nie vergessen, der 14 Jahre lang am Boden gesessen ist und nun gehen lernt. Es geschehen dort jeden Tag Wunder! Leider werden die Schwestern alt, der Kontakt zu Italien und Europa wird schwächer. Ich hoffe, dass wir in Kärnten Ärzt*innen und Menschen finden, die sich dieses erfolgreichen Projektes annehmen.

Seit der unvergessene Peter Quendler damit angefangen hat, bauen wir mit den franziskanischen Missionsschwestern am Schulsystem im Slum Kariobangi, denn mit Schulbildung entkommt man am ehesten dem Elend. Mit sehr wenig Geld schenken wir jedes Jahr hunderten Kindern eine echte Perspektive. Mittlerweile kommen ehemalige Schüler*innen zurück und unterrichten als Lehrer*innen an den Schulen.

Ernst Sandriesser,
Caritasdirektor

Stichwort Klimakrise. Was bedeutet diese für die Nomad*innen?
Ernst Sandriesser: Der größte Transformationsprozess geschieht durch die von uns verursachte Klimakrise. Die Trocken- und Regenzeiten sind überhaupt nicht mehr stabil. Die grundsätzlich hervorragend an das extreme Klima angepassten Nomad*innen müssen nun ihre gesamte Existenz umkrempeln, eine halbnomadische Existenz entwickeln und im schlimmsten Fall in wenigen Jahren sesshaft werden. Stellen wir uns vor, man würde uns in Kärnten dazu zwingen, von einem Tag auf den anderen unsere jahrelange berufliche Existenz aufzugeben, unsere Wohnungen zu verkaufen und nach Italien oder Slowenien zu siedeln? Der Gedanke samt Vergleich ist zulässig, wenn man bedenkt, dass die Provinz Marsabit, in der wir tätig sind, so groß wie Österreich ist. 

PACIDA, die Organisation von und für Nomad*innen, leistet hervorragende Bildungsarbeit in der Tiigo School, begleitet die Menschen bei der Entwicklung von Landwirtschaft und Gartenanbau. Mit dieser Arbeit besteht die Chance, dass die Bewohner*innen Nordkenias diese große Transformation schaffen werden. Das geht aber nur mit unserer Hilfe. 

Wie funktioniert die Hilfe in einem Umfeld, in dem die Ressourcen so knapp sind? 
Ernst Sandriesser: Jeder Euro wird, bevor er ausgegeben wird, dreimal umgedreht. Wir haben von Kärnten aus ein gutes, aber strenges Monitoring der Spendengelder und der Wirkungen, die wir erzielen wollen. Unsere Mitarbeiter*innen in Kenia sind Idealist*innen. Sie arbeiten für wenig Geld und engagieren sich in beeindruckender Weise.

Was, wenn Spenden ausblieben – welche Folgen hätte das für die notleidenden Menschen in Kenia?
Ernst Sandriesser: Der Stopp der amerikanischen humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit wird zwischen zwei und vier Millionen mehr Tote am afrikanischen Kontinent nach sich ziehen. Das ist furchtbar, ja, unfassbar. Deshalb dürfen wir jetzt mit unserer Hilfe nicht nachlassen. Ich danke den Kärntnerinnen und Kärntnern für die bisherige Unterstützung und bitte sie, dranzubleiben! Das ist auch unsere christliche und humanitäre Verantwortung. Zum einen geht es um die unmittelbare Hungerhilfe und zum anderen um den weiteren Aufbau der eigenen wirtschaftlichen Kräfte vor allem in den ländlichen Regionen. Es ist wie in Kärnten. Wenn wir wollen, dass die Menschen in ihren Regionen leben bleiben und nicht in die Nachbarländer ziehen, dann müssen wir ihnen eine Möglichkeit zum Überleben geben.

Was hat Sie während Ihrer Reise am meisten berührt?
Ernst Sandriesser: Wir waren in einem entlegenen Dorf, nur rund 90 Kilometer von Äthiopien entfernt. Die Menschen leiden dort unter langen Trockenzeiten und Dürren. Wir haben dort einen 200 Meter tiefen Brunnen gebohrt und eine Entsalzungsanlage mit Photovoltaik errichtet. Plötzlich stand ein Mann auf und wendet sich mir zu: „Ich bin 40 Kilometer zu Fuß hierhergekommen, weil ich erfahren habe, dass ihr hier seid. Niemand interessiert sich für unser Schicksal, aber ihr kommt aus Europa hierher, weil ihr die Caritas seid.“ Das werde ich nie vergessen und das motiviert, weitere kleine und große Wunder zu schaffen.

So können Sie helfen!

  • Mit 40 Euro kann sich eine Familie im Norden Kenias für einen Monat mit Lebensmitteln versorgen
  • 100 Euro ermöglichen ein nahrhaftes Essen für ein Kind für ein Schuljahr in einer Schule in Kenia.
  • 130 Euro finanzieren Saatgut und landwirtschaftliche Geräte, damit von Hunger betroffene Menschen selbst Gemüse anbauen können.

€ 40,–

kein Hunger für 1 Monat

€ 100,–

nahrhaftes Essen für ein Schuljahr

€ 130,–

Ernten ermöglichen