Hilfe, wo Corona Armut verschärft

Weil die Pandemie die Not vieler Menschen verstärkt und auch neue Not verursacht hat, appelliert unser Direktor Ernst Sandriesser an die Kärntner*innen, Zusammenhalt und Solidarität zu leben: „Unterstützen wir Menschen, die um ihre Existenz bangen! Bitte spenden Sie!“

Jutta (Name geändert) ist Büroangestellte und alleinerziehende Mutter von zwei Söhnen im Alter von fünf und 12 Jahren. Die 32-Jährige beschreibt sich als von Natur aus lebensfrohen Menschen, „der in allem das Gute sieht“. Aber: „Momentan fällt mir das sehr schwer. Ich habe große finanzielle Probleme und bin verzweifelt.“ Corona hat sie in die Notlage gebracht. Im Lockdown wurde sie gekündigt und später zwar in einem anderen Unternehmen wiedereingestellt. –  Jedoch nur Teilzeit. Weil Jutta in Zeiten des Home-Schoolings Kinderbetreuung und Job nicht unter einen Hut bekommen konnte, musste sie ihre Arbeitszeit weiter reduzieren. „Gleichzeitig stieg die Miete, alles wird teurer. Mein Erspartes war rasch aufgebraucht.“ Jutta wandte sich daher um Hilfe an die Caritas. „Die Beraterin war sehr nett. Wir haben uns gemeinsam meine Situation angesehen. Letztlich hat mir die Caritas bei der Bezahlung der Stromrechnung geholfen. Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen.“

Corona und die Ungewissheit

Auch wenn mit Home-Schooling und Kurzarbeit Schluss ist, ist die Krise nicht vorbei. Die Infektionszahlen steigen wieder. Ein ungewisser Winter steht vor der Tür. Und Corona hat Spuren hinterlassen. Viele haben eine belastende Zeit hinter sich, vielleicht eine*n Angehörige*n verloren, mussten zurückstecken. Caritasdirektor Ernst Sandriesser ist alarmiert: „Armutsgefährdete oder -betroffene Familien, die schon vor Corona zu kämpfen hatten, haben es jetzt noch schwerer. Dank der großen Solidarität zahlreicher Spender*innen konnten wir im Jahr 2020 tausenden Menschen über die Runden helfen. Doch gerade jetzt, wo private Reserven oft aufgebraucht sind und staatliche Unterstützungen auslaufen, werden die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie noch sicht- und spürbarer.“ Um Betroffenen schnell, unbürokratisch und wirksam helfen zu können, bittet Sandriesser mit einem eindringlichen Appell an die Kärntner Bevölkerung um Spenden: „Der Gedanke, dass es Familien gibt, denen das Geld fürs Heizen fehlt und Kinder deshalb frieren müssen, ist für mich erschreckend. Helfen Sie uns bitte, das zu verhindern!“ Unsere Sozialberatung wird ausschließlich aus Spendengeldern finanziert.

Erstmals mehr männliche Hilfesuchende

97.000 Menschen oder 18 Prozent der Einwohner*innen Kärntens sind laut aktueller EU-SILC-Studie armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Seit der Corona-Krise wenden sich viele Menschen, die nie gedacht hätten, dass sie jemals die Hilfe der Caritas brauchen würden, an die Hilfsorganisation. Von den 2.428 Hilfsanträgen allein im heurigen Jahr (Stichtag 30. September) sind 1.160 – also fast die Hälfte – Neuanträge. Sandriesser: „Armut ist plötzlich ein Begriff, der das nähere Umfeld betreffen kann, Freund*innen und Familie, Nachbarn und Kolleg*innen.“ Ein Drittel der 2.428 Anträge betrifft Einpersonenhaushalte. Erstmals bitten mehr Männer als Frauen um Unterstützung, was für Sandriesser den Ernst der Lage unterstreicht, denn: „Männer nehmen tendenziell für gewöhnlich weniger schnell Hilfe in Anspruch.“

Die Corona-Pandemie habe auf vielfältige Art und Weise die Lebenslagen der Menschen verschlechtert und Existenz- und Zukunftsängste verstärkt. Überforderung und psychische sowie physische Auswirkungen seien durch soziale Isolation und Vereinsamung in weiten Teilen der Gesellschaft eingetreten, so Sandriesser. Wir möchten mit beraterischen und existenzsichernden Angeboten einen Beitrag dazu leisten, die Folgen von Corona für Betroffene zu lindern, indem Entlastungsgespräche zum Aufzeigen neuer Sicht- und Handlungsweisen ebenso angeboten werden wie auch konkrete existenzsichernde Unterstützungen für Menschen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind. Dabei werden wir aus Mitteln des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gefördert.

Aufwändigere Fälle

Die Beratungen seien komplexer geworden, weiß Cornelia Schneider, die als Sozialberaterin bei der Caritas arbeitet. „Die Menschen kommen mit immer mehr Problemen zu uns. Sie sind nicht mehr nur finanzieller Natur. Oft spielt Einsamkeit eine Rolle, manchmal ist Gewalt im Spiel. Für viele Alleinerzieher*innen war Home-Schooling mit Job und Kinderbetreuung nicht vereinbar.“ Überhaupt sei es eine massive Herausforderung, in Zeiten von Covid-19, Organisatorisches, Finanzielles und Berufliches unter einen Hut zu bringen. Die Pandemie sei für Alleinerzieher*innen, Frauen, einkommensschwache Familien mit mehreren Kindern, Mindestpensionist*innen, langzeitarbeitslose Menschen, Menschen ohne Wohnung oder Menschen mit Migrationshintergrund besonders schwer. Schneider: Wenn man jeden Euro umdrehen muss, gibt es keinen Spielraum für unerwartete, zusätzliche Ausgaben wie für Laptops oder Schreibtische im Home-Schooling und -Office oder für ungeplante Arztrechnungen und Medikamente.“

So hilft die Caritas

Viele Menschen wenden sich erst an uns, wenn die Not wirklich existenziell wird. Sie suchen Hilfe, weil sie die Kosten des Alltags nicht mehr bezahlen können: Mieten, Energiekosten und Lebensmittel; wenn die Mietrückstände zu groß werden und Delogierung droht. Von 1. Jänner bis Ende September des heurigen Jahres haben über 2.428 Hilfsanträge bereits 5.612 Menschen – unter ihnen 2.155 Kinder – bei uns in Kärnten Hilfe erhalten: vor allem in Form von Mietzuschüssen. So sind in dieser Zeit im Vergleichszeitraum zum Vorjahr die Mietzuschüsse um 81 Prozent auf insgesamt rund 110.000 Euro angestiegen. Zudem gab es Hilfen für Strom, Wärme und Betriebskosten in der Höhe von 35.000 Euro sowie Kaution um 21.000 Euro. Die Unterstützungen mit Lebensmittelgutscheinen betrugen in beiden Zeiträumen rund 30.000 Euro. Wir versorgen die hilfesuchenden Menschen aber auch über ihre Lebensmittelausgabe LEA direkt mit Lebensmitteln. „In unserer LEA beobachten wir seit Corona eine deutliche Zunahme an Anfragen. Aufgrund der Schutzmaßnahmen haben wir während der Pandemie auf Terminvergabe umgestellt. Wir können jetzt 555 Menschen pro Woche mit Lebensmitteln versorgen. Die Nachfrage ist jedoch viel größer“, weiß Sandriesser. Und: „Wir sehen tagtäglich, dass unsere Hilfe greift, bemerken aber auch, dass Menschen in Not aus Scham oft lange zuwarten, bis sie um Hilfe ansuchen. Die Probleme betreffen längst nicht mehr nur Einzelne. Niemand muss sich davor scheuen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Unsere Türen stehen für Betroffene in unseren fünf Beratungsstellen in Kärnten offen“, so der Caritasdirektor.

Warum Armut tückisch ist

Wir wollen die bestehende Armut weiterhin bekämpfen und neue Armut verhindern! Armut bedeutet auch, dass es kein Geld für Kinokarten, Essen gehen und Schulausflüge gibt. Wer sich plötzlich schwer tut, Rechnungen zu begleichen, kann auch keine Freund*innen zum Essen einladen. Denn das Einkommen reicht nicht einmal für Lebensmittel für sich und die Familie. Armut ist deshalb so tückisch, weil sie oft nicht gleich ersichtlich ist, dennoch die betroffenen Menschen sozial ausschließt und weitreichende Auswirkungen auf die Lebensrealität hat! Direktor Sandriesser bittet die Bevölkerung daher eindringlich um Spenden. „Wir brauchen Ihre Solidarität in unserer Sozialberatung und Sozialhilfe, wo das unterstützende Gespräch und die konkrete Hilfe den Menschen Hoffnung gibt. Wir brauchen sie, um Lebensmittel, Wohn- und Heizkostenzuschüsse für Menschen in Not bezahlen zu können!“