„Die Umarmung Gottes für jeden Menschen“

100 Jahre Caritas in Kärnten: Mit einem Festgottesdienst im Klagenfurter Dom sagten wir DANKE – für das gemeinsame Wirken, das Miteinander, das Not Sehen und Handeln seit zehn Jahrzehnten. Bischof Josef Marketz sieht im Lockdown die Chance auf einen Neubeginn.

Im Rahmen des Festgottesdienstes am 20. November zu 100 Jahre Caritas in Kärnten definierte Direktor Ernst Sandriesser, was Caritas ist: „Sie ist zunächst keine Organisation, sondern zuallererst, so Papst Franziskus, die Umarmung Gottes, unseres Vaters, für jeden Menschen, vor allem für die Allerletzten und die Leidenden.“  Sandriesser blickte in den Rückspiegel und erinnerte an die Anfänge der Hilfsorganisation, an die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. „Kärnten war ausgeblutet vom Krieg, verseucht von der Spanischen Grippe und zehntausende Menschen hatte weder Heimat noch Angehörige. Am allermeisten litten die Kinder darunter. In diesen Monaten nach dem Krieg organisierte Bischof Adam Hefter Sammelaktionen. Die bischöfliche Residenz war Umschlagplatz für Essen, Kleidung, Möbel und anderen Hilfsgüter.“ Und weil es bald nicht mehr ausreichte, gründete Bischof Hefter 1920 ein Caritassekretariat, aus dem sich das bischöfliche Seelsorgeamt, die Katholische Aktion und am 21. November 1921 auch der Kärntner Caritasverband mit einer deutschsprachigen und slowenischsprachigen Abteilung formte. „An der Wiege aller drei Organisationen steht die tätige, aktive Hilfe für Menschen in Not“, so Sandriesser. Was 1920,1921 begonnen wurde, zeigt sich heute in den vielen Werken der Caritas für Menschen – unabhängig ihrer Herkunft und Religion – vom Kleinkind bis ins hohe Alter.

„Kleine“, feine Heilige Messe

Der Jubiläumsgottesdienst wurde von Diözesanbischof Josef Marketz mit Bischofsvikar Engelbert Guggenberger, Prälat Viktor Omelko, der 40 Jahre lang Caritasdirektor war, Dechant Ivan Olip und Monsignore Leopold Silan zelebriert. Unterstützt wurden sie von Zeremoniar Hermann Kelich, Diakon Stanislaus Adlassnig, den Ministrant*innen Rudolf Kauder und Conny Krüger aus unserem „Haus Martin“ sowie Mitarbeiter*innen und deren Einrichtungen in Zusammenarbeit mit dem Klagenfurter Dom. Die Heilige Messe, die Domchor und Domkantorei – Gesamtleitung & Kantor Domkapellmeister Prof. Mag. Thomas Wasserfaller; an den Orgeln Domorganist Klaus Kuchling & Dommusikassistentin Melissa Dermastia –, SOB-Lehrerin Nataša Konzilia und der Chor der unserer Werkstatt Florian unter der Leitung von Miriam Kelih gestaltet haben, fand mit Mitarbeiter*innen coronabedingt im Klagenfurter Dom im kleinen Rahmen statt. Sie wurde via Livestream übertragen.

100 Jahre Dienst am Menschen

Die Botschaft war klar: DANKE allen Freiwilligen, Partner*innen, Mitarbeiter*innen, Spender*innen und Unterstützer*innen für das Miteinander, das Anpacken und das konkrete Handeln. Sandriesser: „Es wurde in 100 Jahren viel ausgesät, und vieles fiel auf fruchtbare Erde. Insgesamt brachte das Werk der Caritas reiche Frucht. 30fach, 60fach, 100fach.“ Gerade jetzt in der Pandemie –  so der Caritasdirektor –  brauche es Menschen, die an der Stelle bleiben, wo sie gebraucht werden. Sandriesser dankte am Ende seiner Ansprache „dem Schöpfer allen Lebens, dass er 100 Jahre seine schützende Hand über die Caritas Kärnten gehalten hat, uns immer wieder mit neuen Ideen inspiriert und vielen Menschen in diesem Land ein liebendes Herz gibt, damit wir allen Kärntnerinnen und Kärntnern in Not und über die Landesgrenzen hinaus helfen können.“

Schuldenerlass für alle

Bischof Josef Marketz war fünf Jahre Direktor der Caritas. „Es waren die schönsten meines Lebens“, verriet er: „Sie lehrten mich, wie wichtig das Zusammenwirken von Politik und Wirtschaft, von Psychologie und Professionalität ist, und wie wichtig für jedes Engagement Spiritualität und der Rückhalt durch eine kirchliche Gemeinschaft sein kann.“ In seiner Predigt nahm Marketz Bezug auf die alttestamentliche Lesung aus dem Buch Deuteronomium. Demnach wurde innerhalb des israelitischen Volkes alle sieben Jahre ein Sabbatjahr beziehungsweise Ruhejahr gefeiert. Bischof Josef: „Da wird das Leben heruntergefahren. Es werden nicht alle Felder bestellt. Es wird nicht jedes Fest gefeiert. Private und öffentliche Schulden werden auf Null gesetzt. Das gilt für materielle und finanzielle Schulden genauso wie für persönliche Beleidigungen, Verletzungen und Unterstellungen.“ Laut Marketz könnte der Lockdown als Übungsfeld genutzt werden, um in diesem Sinne auf Null zu fahren und einen neuen Anfang zu wagen, denn: „Der Ruf zur Mitmenschlichkeit ist eine Pflicht!“ Er verwies dabei auf die Arbeit der Caritas, die versuche, „die Spaltung der Gesellschaft in Reiche und Arme, Arbeitende und Arbeitslose, in Heimat habende und Heimatlose, in Gesunde und Beeinträchtigte zu überwinden“.

100 Jahre auf Augenhöhe mit den Menschen

Die geistliche Schwester Silke Mallmann war viele Jahre Mitarbeiterin und wesentliche Mitgestalterin der Caritas. Noch heute unterrichtet sie an unserer HLW. Sie betonte, dass sie von der Hilfsorganisation lernte, dass „die Caritas dahin gehört, wo sonst niemand mehr hingeht“. Caritas bedeute, sich auf Augenhöhe zu begegnen, zuzuhören, „bis wir uns verstehen, nicht immer gleich eine schnelle Lösung zu haben, aber den Respekt und die Wertschätzung des anderen hochzuhalten und ihm oder ihr bei der Lösungssuche von Problemen behilflich zu sein“. Mallmann wünschte der Caritas, dass sie weitere 100 Jahre in Respekt und Wertschätzung für jeden Menschen da sein könne.

Die Caritas heute

Die Caritas Kärnten beschäftigt heute 1.300 hauptamtliche Mitarbeiter*innen und wird bei ihrer Arbeit von rund 650 Freiwilligen unterstützt. Sie hilft Menschen in finanziellen wie seelischen Notlagen, betreibt Schulen und Lerncafés, Kinderbetreuungseinrichtungen, Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, betreut und pflegt alte und kranke Menschen mobil und stationär. Sie bietet Menschen Beschäftigung wie Arbeit und engagiert sich in der Katastrophenhilfe im In- und Ausland sowie in der Entwicklungsarbeit im Ausland. Die youngCaritas schärft das Bewusstsein für Menschen am Rande der Gesellschaft, und die PfarrCaritas unterstützt die Caritas-Arbeit in den Pfarren. Seit 100 Jahren ist das Engagement der Caritas für Menschen in Not gleichgeblieben.

Der Link zum Nachsehen des Jubiläumsgottesdienstes: www.kath-kirche-kaernten.at/caritas100.

Danke für 100 Jahre Caritas in Kärnten