Die Teilnehmer*innen an der Pressekonferenz, darunter aktuelle und ehemalige Schüler*innen der Caritas Schulen, verweisen auf die Ausnahmesituation im Bereich der Pflege ©Caritas Glanzl

Wir fordern eine Ausbildungsoffensive für ein Pflegesystem mit Zukunft

Caritaspräsident Michael Landau und unser Caritasdirektor Ernst Sandriesser sehen die Regierung in Sachen Pflegereform gefordert: „Wer jetzt nicht handelt, handelt fahrlässig!“ Die Caritas wirbt für eine Ausbildungsoffensive für mehr Pflege- und Sozialbetreuungskräfte.

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Donnerstag thematisierten Caritas Präsident Michael Landau und unser kärntner Caritasdirektor Ernst Sandriesser die aktuellen Herausforderungen in der Pflege und Sozialbetreuung. „Die Corona-Pandemie hat die Pflegekrise nochmals verschärft. Die Mitarbeiter*innen leiden unter dem Personalengpass, viele sind ausgelaugt und erschöpft. Besonders, dass keine Besserung in Sicht ist, belastet viele. Und auch auf die pflegenden Angehörigen wirkt sich der Mangel an Personal aus. Sie sind vielfach am Ende ihrer Kräfte und bräuchten dringend Unterstützung – etwa in Form von mobiler Pflege und Betreuung. Gleichzeitig steigt die Einsamkeit in der Bevölkerung. Und wir wissen, dass bis 2030 bis zu 100.000 Pflege- und Betreuungskräfte fehlen werden“, so Landau. Caritasdirektor Sandriesser: „Die Organisation unserer Pflege stellt eine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit dar. Für die Caritas hat das Thema seit vielen Jahren höchste Priorität. Dasselbe erwarten und verlangen wir von den politischen Verantwortungsträgern. Sie müssen den Prozess steuern, denn derzeit wird nicht gesteuert, sondern die demographische Entwicklung und deren Folgen sich selbst überlassen.“

Pflegereform statt Fleckerlteppich

Die seit Jahren angekündigte Pflegereform friste ein Dasein als „Papiertiger“, stattdessen werde der „Fleckerlteppich“ an lokalen Initiativen, die die Bundesländer selbstständig setzen, immer größer, warnt Landau. „Auf Länderebene werden aufgrund der Personalnot vielerorts Maßnahmen gesetzt. Das ist zuallererst zu begrüßen. Doch was es braucht, ist eine einheitliche, bundesweite Lösung für ein Pflegesystem mit Zukunft. Pflege muss uns in allen Bundesländern gleich viel wert sein. Kommt es nicht rasch zu diesem Schulterschluss zwischen Bund und Ländern schlittern wir von der Pflegekrise in eine Pflegekatastrophe. Fachkräfte und pflegende Angehörige sind schon jetzt gleichermaßen erschöpft und überlastet. Um auch künftig für den großen Bedarf an Pflege- und Sozialbetreuungspersonal gerüstet zu sein, braucht es jetzt eine bundesweit akkordierte Ausbildungsoffensive.“ Und Sandriesser ergänzt: „Ich verstehe nicht, warum in Kärnten zehn Mitarbeiter*innen 24 Menschen betreuen müssen und in Wien zehn Mitarbeiter*innen 17 Menschen.“

Ausbildungsoffensive mit drei Punkten

Im Rahmen der Pressekonferenz fordert Landau das sofortige Vorziehen der Ausbildungsoffensive in der geplanten Pflegereform und stellt Maßnahmen vor, die keinen Aufschub mehr dulden: „Es muss jetzt darum gehen, die Rahmenbedingungen für die Menschen, die eine Ausbildung in Pflege oder Sozialbetreuung machen wollen, zu verbessern. Das ist ein besonders wichtiger Baustein, um zu verhindern, dass wir von der Pflegekrise in eine Pflegekatastrophe schlittern.“

Drei Punkte soll die Ausbildungsoffensive umfassen:

  1. Sämtliche Ausbildungen im Pflege- und Sozialbetreuungsbereich müssen bundesweit für die Auszubildenden kostenlos sein – egal, ob Fachhochschule, Schule für Sozialbetreuungsberufe oder Kurs.
  2. Ein finanzieller Bonus für alle Auszubildenden in der Pflege und Sozialbetreuung, gestaffelt nach Lebenssituation, soll den Einstieg in die Ausbildung neben den Lebenserhaltungskosten ermöglichen – gerade auch für Um- und Quereinsteiger*innen. Das heißt:
  • Ausbildungsbonus in Höhe von 500 Euro/Monat für alle in Ausbildung
  • Höhere Förderung von Um- und Quereinsteiger*innen über monatlich  1.000 Euro, bzw. 1.500 Euro im Falle von Unterhaltspflichten.
  • Entlohnung während des Praktikums mit 1.000 Euro (in Erstausbildung) bzw. 1.500 Euro für Quereinsteiger*innen.
  • Bonus für die Praxisanleitung. Um die Qualität der Praxisausbildung hoch zu halten, soll die zentrale Rolle der Praxisanleitung anerkannt werden – ein Bonus in Höhe von 180 Euro pro Praktikumsmonat und Auszubildender sollte den Trägern zugestanden werden.

193,7 Millionen Euro für die Ausbildungsoffensive

Landau: „Egal, ob Schülerin, Umsteiger oder Quereinsteigerin, diese Rahmenbedingungen würden es ermöglichen, die Lebenserhaltungskosten zu decken. Das wäre nur fair. Dieses Modell würde endlich jene Wertschätzung signalisieren, die Menschen in Pflege- und Betreuungsberufen verdienen und einen Umstieg in jeder Lebenssituation zulassen. Und gleichzeitig wäre es Türöffner in ein Pflegesystem mit Zukunft. Das muss es Österreich wert sein: hochgerechnet knapp 194 Millionen Euro pro Jahr. Die Höhe des angekündigten Ausbildungsfonds von 50 Millionen Euro ist jedenfalls nicht ausreichend um eine Verbesserung bzw. Attraktivierung zu erreichen.“

Wichtig ist auch, dass neben der Ausbildungsoffensive der Pflegeschlüssel in allen Bundesländern neu verankert wird, dass nämlich Sozialbetreuung in allen Bundesländern ebenso fix in den Pflegeschlüsseln aufgenommen wird.

Des Weiteren müssten Gemeinnützige Organisationen im Auf- und Umbau von Infrastrukturmaßnahmen für die Gewährleistung umfassender Ausbildungsstrukturen im Pflege- und Sozialbetreuungsbereich unterstützt werden. Die Caritas Schulträger rechnen hierfür mit einer Investitionssumme in der Höhe von 150 Millionen Euro.

Caritas-Schulen für Sozialbetreuung

Die Caritas bildet an ihren Schulen mit Standorten in ganz Österreich, so auch in Kärnten, selbst Pflegekräfte und Sozialbetreuer*innen für ein Pflegesystem mit Zukunft aus. In verschiedenen Schultypen und vielfältigen Schwerpunkten können Schüler*innen ebenso wie Umsteiger*innen und Quereinsteiger*innen in das Berufsfeld der Pflege und Sozialbetreuung einsteigen. Alle Informationen online unter: https://www.caritas-schulen.at

Die Sozialbetreuung ergänzt die Pflege, ist ganz stark Beziehungsarbeit. Sozialbetreuerinnen und Sozialbetreuer begleiten Menschen, die aufgrund einschränkender Lebensbedingungen nicht in vollem Maß am gesellschaftlichen Leben teilhaben können: ältere und hochbetagte Menschen mit Unterstützungsbedarf, Menschen mit Behinderung, aber auch Familien in besonders herausfordernden Situationen. Sandriesser: „Um die Ausbildung weiter in der notwendigen Qualität anbieten zu können, braucht es die Erweiterung der Ausbildungsmöglichkeiten in Pflege- und Sozialberufen. Dazu bedarf es der Investition in die Schulinfrastruktur.“

Personalbedarf ist hoch

Caritasdirektor Sandriesser: "Im heurigen Schuljahr betreibt die Caritas Kärnten insgesamt 19 Klassen außerhalb von Klagenfurt. Wir bringen die Ausbildung vor Ort, damit die Menschen regional und lokal eine Berufsperspektive haben. An den Caritas-Schulen in Kärnten sind für das neue Schuljahr noch Ausbildungsplätze frei. Ich lade alle Interessierten herzlich ein, uns zu besuchen!“ Weitere Informationen unter: https://www.sobs.at/ und https://hlw.caritas-kaernten.at

Informationsveranstaltungen zu allen Ausbildungsformen der SOB finden jetzt wieder in Präsenz in Klagenfurt, SOB, Viktringer Ring 36, statt. Die erste Möglichkeit sich zu informieren, gibt es schon morgen Freitag, 6. Mai 22 um 17.00 Uhr (weitere Termine Freitag 20. Mai 22, 17.00 Uhr; Freitag 3. Juni 22, 17.00 Uhr; Freitag 24. Juni 22, 17.00 Uhr; Donnerstag 14. Juli 22, 17.00 Uhr).